„Keine Panik! Ich überfahre keine Archivare.“

Was haben eine Kanzelrede, eine Sendung mit Liveschalte zu Luther, Savigny-Fanboys, Mord und Totschlag und Grimm’sche Märchen gemeinsam? Sie alle fanden bei der Exkursion des 59. Fachhochschuljahrgangs durch Marburg zusammen.

Gruppenfoto bei der Marburg-Exkursion des 59. Fachhochschullehrgangs

Die Exkursion fand am 17.11.2021 bei trübem Wetter – ohne Regen! – statt und wurde von unerwarteten Gästen begleitet. In kleinen Referaten wurde an verschiedenen Stationen Geschichte zum Leben erweckt. Angefangen mit extravaganten Vortragsarten ging es über düstere True-Crime-Stories bis zum Klostertod. Alle diese Themen waren Teil der Vorlesung von Prof. Dr. Henne zur „Tektonik der Rechtsgeschichte bis 1900“.
 
Zunächst lauschten wir einer Predigt epischen Ausmaßes über die Wurzeln der 1. Archivschule (1894 – 1904) in Marburg. Deren Geschichte ist zu lang, um hier berichtet zu werden, fest aber steht: Man trug damals mehr lustige Kopfbedeckungen, als wir gedacht hatten (googelt „Gugel“).
Es folgte nach Vorträgen zu Hexenverbrennungen beim entsprechenden, frisch eingeweihten Denkmal eine Sendung über die berühmte Marburger Disputation zwischen Luther und Zwingli. Aufgereiht auf der Marburger „Zwingli-Treppe“, an der ein Mülleimer in Schweizer Farben prangt, begegneten uns zwei von Zwingli begeisterte Schweizer Touristen: „Grüezi!“.

Anwärter mit Savigny-T-ShirtsSie blieben nicht die einzigen Fans. Zwei Kurskollegen erwiesen sich als leidenschaftliche Savigny-Anhänger und präsentierten uns – der Kälte trotzend – ihre eigens angefertigten T-Shirts mit Savigny-Porträts. Nach einem Besuch auf dem Schloss kamen wir zu einem etwas dunkleren Thema – dem Prozess gegen den Täter, der 1861 in Ockershausen die schwangere Dorothea Wiegand ermordet hatte. Vor seiner Hinrichtung – dazu gleich – war der Täter im Hexenturm inhaftiert, wie wir bei einem Referat am historischen Ort erfuhren. Dann ging es zu einem stärkenden und wärmenden Mittagessen mit Marburger Auflaufspezialitäten.

Eigentlich wollten wir nach der Mittagspause in die Grimm’sche Märchenwelt eintauchen, doch die Oberstädter Mülleimer holten uns in die Realität zurück: Das an sich sehenswerte Haus, in dem die Gebrüder Grimm im 19. Jahrhundert studierten, präsentierte sich mit bunten Mülleimern und einem farbigen Obstgeschäft. Auch von einem Grammatikfehler auf der zugehörigen Infotafel (ausgerechnet bei den Gründungsvätern der Germanistik!) ließen wir uns nicht beirren und zogen weiter zum Kornmarkt.

Dort wurde es wieder verbrecherisch, als wir einem Justizirrtum und seiner Korrektur nachspürten: Jener Mörder der Dorothea Wiegand wurde erst von einem Schöffengericht freigesprochen und in einem zweiten Prozess im Landgerichtsgebäude doch noch verurteilt, und zwar im Jahr 1864 immer noch auf der Grundlage der Constitutio Criminalis Carolina (CCC) von 1532.
Wir machten uns auf den Weg zur Elisabethkirche. Kurz davor konnten wir die Straße aufgrund der pazifistischen Einstellung unseres fahrradfahrenden Mentors Dr. Uhde gut überqueren: „Keine Panik! Ich überfahre keine Archivare“, sagte er und hielt an. So konnten alle unversehrt die Exkursion beim ehemaligen Zehnthaus beenden. Dem juristischen Tod durch den Klostereintritt, das war das Thema des Abschlussreferats am Ort des früheren Klosters, entgingen wir.

Ragna Hort, Alina Efken, Eike Knehans, Sonja Roggenbuck, Aenni Meißner, Fabian Frenken

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