Im Jahr 2022 schlossen sich zahlreiche Marburger Kultureinrichtungen spartenübergreifend zu einem Notfallverbund zusammen. Das Ziel war die gegenseitige Unterstützung im Falle eines Schadensereignisses. Am 7. Mai 2025 fand nun – organisiert und koordiniert vom Planungsteam und geleitet von Fachberater Matthias Frankenstein – die erste gemeinsame Notfallübung des Verbundes statt. Dabei sollte auch die Notfallausrüstung, angeschafft mithilfe von Fördermitteln der KEK, erprobt werden.
Die Archivschule Marburg spielte für diese Übung gleich in mehrfacher Hinsicht eine zentrale Rolle: Zum Ersten diente ihr Seminarraum 1 als Ort der theoretischen Einführung, Sicherheitseinweisung und abschließenden Feedbackrunde am Übungstag. Zum Zweiten stellte ihr Kellerraum den Einsatzort dar, in dem drei mit Kassanda gefüllte Quarantäneboxen (gewässert und zum Teil mit Pflanzenerde versetzt) einen Wasserschaden simulierten. Zum Dritten bot ihr Innenhof die nötige Infrastruktur zur Durchführung des praktischen Teils der Übung, der Errichtung der Materialausgabe und der Erstversorgungsstationen zur Nass- und Trockenreinigung und zum Verpacken der geborgenen Materialien. Und nicht zuletzt zum Vierten konnten sich mit Robert Harlaß, Claudia Heise, Martin Münke und Patrick Woll auch vier Referendar/innen des 59. Wissenschaftlichen Lehrgangs tatkräftig in der Notfallübung engagieren.
Sie übernahmen die wichtigen Aufgaben der Dokumentation und Evaluation und erarbeiteten dafür bereits im Vorfeld der Übung einen zweiseitigen Fragebogen mit Skalenfragen sowie Raum für offene Reflexion, der die Grundlage der Übungsbewertung durch alle Teilnehmenden darstellte.
Während des praktischen Teils der Übung am Vor- und Nachmittag des 7. Mai war es die Aufgabe des Teams „Dokumentation“, die Übung in Zeitstempeln zu erfassen, im Ablauf zu protokollieren, fotografisch zu belegen und insbesondere Herausforderungen in der Organisation und Kommunikation sowie beim Material festzuhalten. Zur besseren Beobachtung teilten sich die Referendar/innen auf die wichtigsten Teams gemäß dem Einsatzschema der Übungsleitung auf: die Materialausgabe, die Bergung und die Erstversorgungsstationen. Zudem agierte jeder von ihnen während der Übung auch auf Zuruf, falls den knapp vierzig Teilnehmenden an anderer Stelle ein Mangel auffiel, der vermerkt werden musste. Dass es von diesen bei der ersten Übung des Verbundes und der ersten Erprobung des Materials einige geben würde, war zu erwarten. Gleichwohl überraschte am Ende doch der Umfang an Materialien, deren Nachrüstung dringend geboten schien, darunter insbesondere Transportboxen, von denen sich keine in den Notfallcontainern befunden hatten. Entsprechend enthielt der aus dieser Dokumentation entstandene, sehr umfangreiche, illustrierte Bericht nicht nur Optimierungsvorschläge für Abläufe und Kommunikation, sondern auch eine Liste von Empfehlungen zur Ergänzung des Materialbestandes.
Einen besonderen Platz im Bericht nahm überdies die Auswertung von fünfunddreißig handschriftlich ausgefüllten Fragebögen ein, die anonymisiert, in Excel-Mappen digitalisiert und mithilfe einer eigens generierten Makro-Abfrage ausgelesen worden waren. Aufbereitet wurde die Evaluation sowohl in intuitiv verständlichen Kreisdiagrammen als auch in einer Analyse in Textform sowie in einem umfassenden Kommentarkatalog, bei dessen Erstellung auf die KI-gestützte Texterkennungs-Software Transkribus zurückgegriffen worden war.
Nicht zuletzt war es den Referendar/innen ein Anliegen, dass ihre Arbeit nicht ausschließlich Selbstzweck war, sondern dass ihr Bericht zur Notfallübung vom 7. Mai 2025 die Verantwortlichen des Marburger Notfallverbundes, allen voran Koordinatorin Julia Reinartz-Rains, bei der Übungsauswertung und weiteren Planung unterstützen konnte. Dafür war es wichtig, dass die Referendar/innen den Vertreter/innen der teilnehmenden Kultureinrichtungen den fertigen Bericht bereits für die nächste Sitzung am 4. Juni 2025 zur Verfügung stellen konnten, was auch gelang. Dieser Bericht bildet nun die Grundlage, um die zukünftige Reaktionsfähigkeit des Marburger Notfallverbundes auf Katastrophen im Kultursektor weiter zu optimieren.
Angebunden war die gesamte Dokumentation der Übung und der aus ihr hervorgegangene Bericht an die von Dr. Ole Fischer (Landesarchiv Schleswig-Holstein) betreute Lehrveranstaltung „Bestandserhaltungsmanagement“. In dieser Veranstaltung wurden und werden die Referendar/innen des 59. Wissenschaftlichen Lehrgangs zu dieser – angesichts von Klimawandel, Kriegsgefahr und Katastrophen immer mehr an Bedeutung gewinnenden – archivischen Fachaufgabe geschult. Im September 2025 werden die vier beteiligten Referendar/innen dann auch ihre nun gesammelten Erfahrungen an ihre Kurskolleg/innen weitergeben. Auch hierzu wird der erstellte Bericht einen wichtigen Beitrag leisten.
Marburg, den 12.06.2025
Robert Harlaß, Claudia Heise, Martin Münke, Patrick Woll