Es ist inzwischen schon eine Tradition: Die Veranstaltung zur „Tektonik der Rechtsgeschichte bis 1900“ endet mit einer vierstündigen Exkursion in die Marburger Altstadt.
„Mein Name ist Friedrich Carl v. Savigny, ich wohnte in diesem Haus und berichte über meine Biographie und über meine Thesen“ – mit diesen Worten startete eines der Kurzreferate, die die Studierenden des 58. Wissenschaftlichen Lehrgangs für die Stationen des Stadtrundgangs vorbereitet hatten. Von der ersten Station, dem Gebäude der „1. Marburger Archivschule“ (neben der heutigen Kugelkirche) bis zur letzten Station, dem Klostertod, der früher mit dem Eintritt in den Deutschen Orden verbunden war, wurden viele Themen der Lehrveranstaltung bei Prof. Thomas Henne vor Ort wiederholt und vertieft. Üblicherweise findet die Exkursion gleich im Anschluss an die letzte Veranstaltung statt, doch der Vorschlag des 58. Wissenschaftlichen Lehrgangs, das möglicherweise anstrengende Winterwetter durch eine Exkursion zum Abschluss des Sommertrimesters zu umgehen, erreichte sein Ziel: Jacken und Regenschirme waren nicht nötig.
Stattdessen gab es an gleich zwei Stationen Verpflegung: Die auch rechtshistorisch wichtige Disputation von Zwingli und Luther in Marburg brachte die Exkursion zur sogenannten „Zwingli-Treppe“ (neben der Lutherkirche) – und nach einer Schilderung der „Zwei-Reiche-Lehre“ Luthers und ihren Auswirkungen für das Rechtsverständnis lud der Referent zu einer Runde (Karlsbader) Oblaten ein. Und bei der schon erwähnten Station zum „Klostertod“ wurden erst Rechts- und Erbfähigkeit präzise geschildert (die kurz zuvor geschriebene Archivrechtsklausur hatte merklich Spuren hinterlassen), doch dann gab es ein Abschlussgetränk mit – voilà – klösterlicher Herkunft.
Erstmals in das Programm des rechtshistorischen Stadtrundgangs aufgenommen worden war ein Besuch im Marburger Universitätskarzer. Als die Universität Marburg noch eine umfassende akademische Gerichtsbarkeit besaß, diente dieser Karzer zum (nicht sonderlich strengen) Vollzug der Strafe. Wegen der langjährigen, aber letztlich umfassenden Zurückdrängung nicht-staatlicher Gerichtsbarkeiten verlor der Karzer aber am Anfang der 1930er Jahre seine Funktion, wie Dr. Carsten Lind, der stellvertretende Leiter des Universitätsarchivs, erläuterte, als wir den reich mit Zeichnungen verzierten Karzer besuchten. Vielen Dank für die Möglichkeit, diese neue Station in das Programm der Exkursion aufzunehmen!
Mit präzisen, aber zugleich realistischen Zeitvorgaben für die einzelnen Stationen hatte das Organisationsteam die Exkursion bestens vorbereitet. Also konnten alle Exkursionsteilnehmerinnen und -teilnehmer nach dem pünktlichen Ende der Exkursion den Spuren Savignys folgen, denn schon bei seinem Wohnhaus war bei dem Reenactment daran erinnert worden: „Mein Name ist Friedrich Carl v. Savigny, und nach dem Abschluss meiner Marburger Studien habe ich diese Stadt verlassen“. Für den 58. Wissenschaftlichen Lehrgang gilt das jedenfalls bis zum Ende der Archivschulferien.